Magie
Serendipity, so sagen die Engländer zu einem Ort, welcher einem gewissermaßen zufällt, plötzlich da ist, wie eine wieder gewonnene Erinnerung an etwas Wunderbares. So ging es mir mit Caino, diesem uralten Weiler hoch über dem Comer See oder einfach nur Lario (für den nördlichen Teil).
Vor 60 Jahren gab es nicht einmal eine Strasse hier herauf, nur den ursprünglichen Maultierpfad auf der noch älteren Via Antica Regina. Die heutige "Via a Caino" endet mit einem kleinen Parkplatz. Denn die verwinkelten Gässchen des Ortskerns lassen keine modernen Fahrzeuge zu.
Und genau da drin, fanden wir unser Rustico. Ok, das auf dem Bild rechts ist es nicht. Unser Häuschen ist viel schlichter und eigentlich nicht fotogen aber innen sehr gemütlich, mit Kaminofen im Untergeschoss und kleiner Terrasse am Schlafzimmer oben. Und - Blick auf den See. Die dicken Mauern der alten Häuser sind aus grob behauenen oder natürlich belassenen Steinen der Umgebung. Sonst kam nur noch Holz zum Einsatz. Moderne Zeiten brachten dann den Verputz. Heute besinnt man sich aber der alten Technik und die Häuser erhalten, wenn auch nur aus optischen Gründen, wieder eine Fassade, welche dem ursprünglichen Grobsteinmauerwerk ähnelt, welches zumindest an den alten Wegen noch üppig vorhanden ist.
Außerhalb der Saison ist es sehr ruhig. Es leben nur noch wenige Alte ständig in ihren Rustici. Manche sind mittlerweile gestorben, wie der alte Bürgermeister (Nachbar zur Rechten). Andere, denen es im Alter zu beschwerlich wurde, zogen hinunter an den See (Nachbarn zur Linken), oder viele zogen dahin, wo sie Arbeit fanden, oft nach Mailand.
Es sollen hier einmal über 1000 Menschen gelebt haben. Heute absolut unvorstellbar.
Damals gab es noch die Seidenraupen, welche in den Maulbeerbäumen gezüchtet wurden und die eine zusätzliche oder die einzige Einnahmequelle für die Bewohner waren. Die Textilmanufakturen sind geblieben, nicht aber die lokale Seidenproduktion. Diese kommt heute aus Fernost, seit damals die Maulbeerbäume erkrankten und verschwanden.
Während der Zeit der Pest blieb Caino größtenteils verschont. Der Küster zeigte uns einmal die große Steinplatte vor der Krypta, welche das Gewölbe verschließt, in welchem damals die Pestkranken zum Sterben isoliert wurden. Die Gebeine liegen da noch drin. Auch heutzutage wird hier im August das Fest San Rocco (zu Ehren des Pestheiligen St. Rochus) gefeiert.